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Inklusive Jugendarbeit braucht Förderung

Beschluss der 95. Vollversammlung 2022

Inklusive Jugendarbeit braucht Förderung 

Der Landesjugendring bekräftigt seinen Beschluss „Inklusion in der Jugendverbandsarbeit weiterentwickeln“ von 2019. Er setzt sich u.a. mit dem Projekt „Glücklicher inklusiv“ dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen selbstverständlich und gleichberechtigt im Rahmen ihrer individuellen Möglichkeiten an den Angeboten der Jugendverbände und Kreisjugendringe teilnehmen können. Um den Prozess der Inklusion von jungen Menschen mit Behinderungen in der Jugendarbeit weiterführen zu können, braucht Jugendarbeit Unterstützung. 

Bei der Einführung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes 2021 wurde §11 SGB VIII um einen Satz zur Jugendarbeit mit jungen Menschen mit Behinderungen ergänzt: 

„Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen. Dabei sollen die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen sichergestellt werden.“ 

Der letzte Satz schafft eine rechtliche Verbindlichkeit für die öffentlichen Träger der Jugendhilfe als Adressaten des Gesetzes (Jugendämter). Die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit der Angebote für junge Menschen mit Behinderungen müssen nach der Soll-Regelung der Regelfall und Ausnahmen gut begründet sein. Dabei richtet sich das Gesetz nicht die freien Träger wie z.B. Jugendverbände, es müssen auch nicht alle Angebote für jede*n zugänglich sein, aber vom öffentlichen Träger muss ein vielfältiges Angebot geschaffen und muss eine Auswahl ermöglicht werden, auch für ganz unterschiedliche Arten von Handicap - sowohl körperliche als auch geistige, sowohl Gehbehinderungen als Seh- oder Hörbehinderungen, eine Kombination aus verschiedenen Behinderungen usw.

Der Landesjugendring stellt fest, dass es in Schleswig-Holstein bisher keine öffentliche Förderung für die Umsetzung inklusiver Angebote der Jugendarbeit mit Kindern und Jugendlichen mit und ohne Behinderung gibt. Er erwartet, dass Land und Kommunen ihrer Verpflichtung nachkommen, die UN-Behindertenrechtskonvention umzusetzen. Sie müssen die Rahmenbedingungen dafür verbessern, dass Inklusion in der Jugendarbeit gelingen kann, und freie Träger bei der Entwicklung von Angeboten unterstützen. Der Landesjugendring hat in seiner Stellungnahme zum Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-BRK vom Juli 2020 bereits zahlreiche Anregungen dazu gegeben.

Der Landesjugendring fordert das Land auf, 

  • im Jugendförderungsgesetz die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass inklusive Jugendarbeit umfassend gefördert wird
  • ein Fach- und Förderprogramm für eine inklusive Kinder- und Jugendarbeit zu schaffen, um eine bedarfsgerechte Ausstattung inklusiver Jugendarbeit herzustellen, ehren- und hauptamtliche Fachkräfte zu qualifizieren und in der Entwicklung einer inklusiven Haltung zu unterstützen und passgenaue Angebote für die Adressat*innen zu entwickeln. Eine dauerhafte Fachstelle zum Thema inklusive Jugendarbeit soll den Inklusionsprozess begleiten.

 Weiterhin fordert der Landesjugendring die öffentlichen Träger auf kommunaler und Landesebene dazu auf 

  • auf allen Ebenen zu prüfen, wer ausgeschlossen wird und ob ausreichend Angebote vorhanden sind,
  • sich die Frage zu stellen, was in ihrem Zuständigkeitsbereich gebraucht wird, um Jugendarbeit für junge Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen (Barrierefreiheit)
  • die notwendigen Fördermittel zur Umsetzung einer inklusiven Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen.

 Barrierefreiheit umfasst sowohl bauliche (z.B. Jugendfreizeiteinrichtungen, für alle anderen Behinderungen ebenso wie für Rollstuhlfahrer*innen) als auch in allen anderen Bereichen der Jugendarbeit (Kommunikation, Homepage, Werbung etc.). Entsprechende Finanzierungsmittel sind auch für die Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen, z.B. für die Kosten für Gebärdendolmetscher*innen, Übersetzungen in leichte Sprache, barrierefreie Anreise/Ferienfreizeiten, Assistenzleistungen usw.  Auch Förderrichtlinien sind inhaltlich zu prüfen, u.a. bezüglich der Flexibilität von Zugangskriterien zu Veranstaltungen, Ferienfahrten etc. Hierbei kann z.B. eine Anpassung von haupt- oder ehrenamtlichen Personalschlüsseln, Programmplanung oder auch eine Abkehr von festen Altersgruppen notwendig werden.

 Der Mehrbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit und zur Ermöglichung der Teilnahme der Zielgruppe an Angeboten und Maßnahmen der Jugendarbeit muss durch öffentliche Mittel gedeckt werden und darf nicht zu Lasten der freien Träger der Jugendarbeit fallen. Inklusion ist nicht kostenneutral. Der finanzielle Mehrbedarf aus Inklusion ist in den Förderrichtlinien zur berücksichtigen und Förderempfänger*innen müssen von einem Eigenanteil befreit werden.

Beschluss als pdf: Inklusive Jugendarbeit braucht Förderung

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